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Weltfrauentag: Frauen in der Wohnungswirtschaft

8. März 2023 – auch in diesem Jahr wird wieder der Internationalen Weltfrauentag gefeiert. Ein Tag, an dem auf Gleichberechtigung und Frauenrechte aufmerksam gemacht werden soll. Auch wenn in den letzten Jahren schon Fortschritte erzielt wurden, ist der Anteil von weiblichen Führungskräften immer noch vergleichsweise gering. Klassische Rollenverteilungen sind zwar schon länger nicht mehr „angesagt“, aber die Gehaltskluft zwischen Frauen und Männern und auch die Weisungsbefugnis in der Arbeitswelt ist immer noch nicht gleichberechtigt. Wenn ein Umdenken im Privatleben und der Familienkonstellation erfolgt, warum wird dieses nicht auch in der Arbeitswelt übernommen und starre, altmodische Systeme aufgebrochen?

Wir haben uns den Tag zum Anlass genommen, um uns in der Wohnungswirtschaft umzusehen. Katrin Stamm ist Abteilungsleiterin für den Bereich politische Interessenvertretung und verantwortlich für die Verbandskommunikation des VdW Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e.V., dem sich auch die Rheinwohnungsbau angeschlossen hat. Wir haben uns mit ihr über ihre Rolle als Frau und Führungskraft in der Wohnungswirtschaft, den Weltfrauentag und ihre Vorbilder unterhalten.

VdW / Roland Baege

RWB: Was sind Ihre Aufgaben beim VdW?

Katrin Stamm: In meiner jetzigen Position beim VdW Rheinland Westfalen sind meine Aufgaben zweigeteilt. Als Fachreferentin bin ich für sämtliche Kommunikationsaktivitäten des Verbandes zuständig. Als Abteilungsleiterin bin ich für die inhaltlichen, organisatorischen und personellen Belange im mittlerweile rund 20-köpfigen Team der politischen Interessenvertretung verantwortlich.

RWB: Wie kamen Sie zu dieser Tätigkeit?

Katrin Stamm: Begonnen habe ich meine Tätigkeit beim VdW Rheinland Westfalen nach mehreren Jahren in der Immobilienwirtschaft und einer Agentur mit Schwerpunkt politischer Kommunikation im Jahr 2017 als Pressereferentin. In den dann folgenden Jahren habe ich dort Schritt für Schritt den Bereich Verbandskommunikation aufgebaut, d.h. die Kommunikationsinstrumente strategisch, inhaltlich und gestalterisch weiterentwickelt und auch soziale Netzwerke für den Verband erschlossen. Mit neuen Mitarbeitenden kamen zu den Fachaufgaben auch zunehmend Führungsaufgaben hinzu, die mir bis heute viel Spaß machen. Diese Talente und Neigungen bringe ich nun seit 2021 in die Stelle als Abteilungsleiterin ein.

RWB: Wie ist der Zusammenhang zur RWB?

Katrin Stamm: Der VdW Rheinland Westfalen vertritt die Interessen von rund 480 Wohnungsunternehmen und -genossenschaften in NRW und dem nördlichen Rheinland-Pfalz. Dazu zählen kommunale und öffentliche, genossenschaftliche, sowie industrieverbundene, private und eben auch kirchliche Wohnungsunternehmen. Die Rheinwohnungsbau ist eines davon. An Themen wie Klimaschutz oder bezahlbares Wohnen in Düsseldorf arbeiten wir häufig gemeinsam und tauschen uns aus. Für die Verbandsarbeit ist der Einblick in die Praxis wichtig: Wo liegen die Probleme beim zukunftsfähigen Bauen? Was kann besser laufen in der Zusammenarbeit mit Behörden? Stimmen die politischen Rahmenbedingungen?

RWB: War es für Sie schwierig, diese Position zu erreichen und stoßen Sie aufgrund Ihres Geschlechtes in dieser Position manchmal auf Gegenwehr?

Katrin Stamm: Wenn man auf Gegenwehr trifft, kann es dafür viele Gründe gegeben. Andere Meinungen beispielsweise. Damit muss man sich auseinandersetzen, auch wenn sie nicht immer sachlich und konstruktiv geäußert werden und manchmal sogar persönlich oder verletzend klingen. Sollte mein Geschlecht dafür verantwortlich sein, liegt das Problem wohl eher bei meinem Gegenüber als bei mir. Innerhalb des VdW Rheinland Westfalen ist mir diese Form von Gegenwehr in den vergangenen Jahren nicht begegnet. Ganz im Gegenteil: Der Vorstand war in allen Gesprächen sehr offen für meine Pläne, hat meine fachliche und persönliche Weiterentwicklung ermöglicht und mich dadurch konkret unterstützt.

RWB: Anhand Ihres Lebenslaufes sieht man, dass Sie eine Leidenschaft für die Immobilienbranche haben. Wie hoch ist die Frauenquote in der Führungsebene der Wohnungswirtschaft? Sehen Sie hier Handlungsbedarf?

Katrin Stamm: Wie hoch die Frauenquote in der Führungsebene der Wohnungswirtschaft ist, kann ich aus dem Stand gar nicht genau sagen. Innerhalb der Führungsebene des VdW Rheinland Westfalen bin ich die einzige Frau, ich vermute, in den meisten Wohnungsunternehmen und -genossenschaften sieht es ähnlich aus. Wobei ich den Eindruck habe, dass sich dort eine Menge tut. Dort, wo Führungskräfte zusammenkommen, sieht man mittlerweile sehr viel mehr Frauen als noch vor 10 Jahren. Das spiegelt sich auch in den Gremien des VdW Rheinland Westfalen wider. Unsere Verbandspräsidentin ist beispielsweise eine Frau.

VdW / Roland Baege
VdW / Roland Baege

RWB: Wie stehen Sie zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf?

Katrin Stamm: Ich würde die Frage etwas weiter fassen und auf alle Lebensbereiche erweitern, die es neben dem Beruf gibt. Im besten Fall sind sie alle mit dem Beruf vereinbar. Die Pflege der eigenen Eltern oder von Angehörigen, persönliche Krisen, gesundheitliche Schicksalsschläge, all das sind Lebensereignisse, die die Vereinbarkeit mit dem Beruf auf eine harte Probe stellen, da sie Zeit in Anspruch nehmen und psychisch fordern. Das kann alle Menschen gleichermaßen treffen. Arbeitgeber sollten dafür Verständnis haben und Lösungen anbieten.

RWB: Warum müssen wir im Jahr 2023 immer noch über Frauenrechte reden? Und wieso braucht es überhaupt einen Weltfrauentag?

Katrin Stamm: Der Internationale Frauentag hat seinen Ursprung in der Arbeiterinnenbewegung von Mitte des 19. Jahrhunderts, will inzwischen aber auf so vieles aufmerksam machen – im schlimmsten Fall mit einer Rose, die man an diesem Tag als Frau feierlich überreicht bekommt. Ich würde mich eigentlich freuen, wenn wir heute nicht mehr explizit über „Frauenrechte“ sprechen müssen. Frauenrechte sind dem Grunde nach ja nichts anderes als Menschenrechte. Aber bis dahin liegt wohl noch ein weiter Weg vor uns, auch mit Blick auf die Entwicklungen im Iran und Afghanistan.

RWB: Hat Sie das „Frausein“ in Ihrer Karriere schon einmal beeinträchtigt?

Katrin Stamm: Die Frage ist, wo Beeinträchtigung anfängt. Auch heute schaue ich schon noch komisch, wenn im beruflichen Kontext eher Rückmeldungen zu meiner Kleidung als zu meinem Arbeitsergebnis kommen oder in der Schlange am Buffet der Spruch „Schönheit vor Alter“ fällt. Während ich das früher stärker weggelächelt habe, spreche ich es heute direkter an oder sage, dass ich das als unpassend empfinde. Ich persönlich habe aber nie das Hemmnis erlebt, mich durch mein „Frausein“ beruflich nicht entfalten zu können. Im „Frausein“ stecken ja auch viele Stärken, die im richtigen beruflichen Umfeld durchaus Grundlage für eine erfolgreiche Karriere sein können.

RWB: Welche Frauen haben Sie selbst geprägt, haben Sie Vorbilder?

Katrin Stamm: Stereotype, weibliche Vorbilder habe ich nicht. Meine Eltern habe ich trotz klassischer Rollenverteilung immer auf Augenhöhe miteinander erlebt und bei der Auswahl von Kleidung oder Hobbys gab es bei mir und meinem Bruder keine geschlechterspezifischen Vorgaben. Mein Vater hat beispielsweise uns beiden geduldig gezeigt, wie ein Lötkolben funktioniert, man Fahrradschläuche wechselt oder Wände tapeziert – einfach, weil wir ihn darum gebeten haben. Diese Erlebnisse haben mich in meinem Selbstverständnis sicher ganz maßgeblich geprägt. Auch in meiner beruflichen Laufbahn bin ich dann immer wieder einzelnen Menschen begegnet, die mir Vertrauen entgegengebracht haben und Interesse daran hatte, dass ich wachsen und mich weiterentwickeln kann. Dafür bin ich bis heute dankbar.

RWB: Was ist Ihre persönliche Botschaft am Weltfrauentag?

Katrin Stamm: Go and get it.

RWB: In diesem Sinne, vielen Dank für das Interview und alles Gute für Ihre berufliche und private Zukunft.

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