Na gut, vielleicht nicht ganz so ein guter Titel wie der des Films „Brügge sehen und sterben.“ Und in dieser Lovestory hat auch niemand wirklich vor zu sterben. Aber unser Gesprächspartner Christopher Krämer ist sich sicher, wenn es irgendwann so weit ist, dann am liebsten in seinem Heimatstadtteil Flingern. Bis dahin ist sicher zum Glück noch jede Menge Zeit. Wir haben mit dem 27-jährigen über sein Engagement für seine Geburtsstadt Düsseldorf gesprochen, und welche Perspektiven er für sich und die Menschen hier sieht.
Ein ehrlicher Blick auf die Stadt
Eigentlich führt unser Redakteur gerade ein Interview mit jemand anderem, als Christopher dazukommt und mit ihm ins Plaudern kommt. Was als lockerer Small-Talk mit Tipps zu Ausgehmöglichkeiten beginnt, wird schnell zu einem ungewöhnlichen Gespräch über das, was hinter den Fassaden Düsseldorfs los ist. Vielleicht liebt er die Stadt gerade deswegen so: weil er ihre Stärken und Schwächen kennt und sich dabei einen offenen Blick für das Potenzial bewahrt. Und das sieht er vor allem im Engagement der Menschen und einer vielfältigen Gemeinschaft. Bestes Beispiel ist für ihn das Zusammenleben in Flingern.
Flingern – vom Ritterhort bis zum Arbeiterviertel
Die Geschichte Flingerns reicht weit zurück. Seinen Namen hat das Viertel vom Rittergeschlecht Hayc von Flingern, das im 13. Jahrhundert in dem eher dünn besiedelten Gebiet herrschte. Die heutige Shoppingmeile „Schadowstraße“ hieß ursprünglich „Flinger Steinweg“. Sie wurde vom Kurfürst Jan Wellem gebaut, und führt von der Innenstadt über den Wehrhahn bis nach Grafenberg. Ebenfalls eine alte Verbindungsstraße ist der Hellweg, der schon zu früheren Zeiten von Flingern bis zu den Gerresheimer Höhen ging. Im 19ten Jahrhundert wurde Flingern von der Industrialisierung geprägt und mit Fabriken und Arbeitersiedlungen bebaut.
Flingern heute – Fortuna-Keimzelle und Szeneviertel
Mittlerweile ist das ehemalige Arbeiterviertel zum Trendviertel geworden – und bewahrt trotzdem noch an vielen Stellen Raum für soziale und kulturelle Begegnungen. Am bekanntesten ist Flingern wohl als Keimzelle des Düsseldorfer Fußballvereins Fortuna, entstanden aus dem 1895 gegründeten „Turnverein Flingern 1895“. Überregionale Berühmtheit hat daher auch die Kneipe „Fortuna-Eck“, um deren Überleben die Flingeraner gerade gemeinsam in einer Petition kämpfen. Doch auch andere alteingesessene Kneipen zeugen von der Tradition des heutigen Szene-Viertels. Bei Veranstaltungen wie „Flingern at Night“ oder „Flingern rollt den roten Teppich aus“ verwandelt sich das Viertel in eine buntgemischte Straßenparty, vor allem in den hippen Cafés und Boutiquen rund um die Ackerstraße. In der buntbemalten Kiefernstraße und im alternativen Kulturzentrum ZAKK finden Parties, Konzerte, Lesungen und politische Diskussionen statt.
Interview beim Spaziergang durch Oberbilk
Flingern ist zwar Christophers Heimat, doch getroffen haben wir ihn im benachbarten Stadtteil Oberbilk. Bei einem Spaziergang durch die Eisenstraße stand er uns Rede und Antwort:
Was ist dein Lieblingsort in Düsseldorf?
Ich habe zwei Lieblingsorte. Zum Einen ist das der Standpunkt „Hellweg“ und zum Anderen die schöne Aussicht in Gerresheim. Wenn man am Stauffenplatz den Weg hochgeht, erreicht man eine Aussichtsplattform und einen schönen Blick über ganz Düsseldorf.
Warum magst du diese Orte?
Den Hellweg mag ich besonders, da dort ein sozialer Brennpunkt ist in dem langsam zwischen den Menschen ein kultureller Austausch stattfindet. Ja, und die schöne Aussicht in Gerresheim ist quasi als Belohnung zu verstehen, da man sich den Weg nach oben erarbeitet und dann den Raum über ganz Düsseldorf hat. Für mich ist das eine Win-Win-Situation und ich fühle mich dort sehr wohl.
Wie lange lebst du schon in Düsseldorf?
Ich bin jetzt 27 Jahre alt und habe diese komplett in Düsseldorf verbracht.
In welchem Stadtteil wohnst du?
In Flingern – und werde dort wahrscheinlich irgendwann auch mal sterben. (lacht)
Beschreibe kurz deinen Heimatstadtteil. Was macht deinen Stadtteil aus? Was gefällt dir besonders gut?
Mir gefällt an Flingern besonders gut, dass sich dort Gemeinschaften bilden, die etwas zusammen erreichen und bewegen wollen. Das kann nur durch Zusammenschlüsse entstehen, die gemeinschaftlich agieren. In der Hinsicht ist Flingern für mich ein Vorbild, auch wenn es das in anderen Stadtteilen ebenfalls gibt. Wir haben in Flingern eine starke Bindung untereinander, aber sind immer offen für neue Leute und „Touristen“.
Kannst du dir vorstellen für immer in Düsseldorf zu bleiben? Warum?
Ja, kann ich. Besonders wenn man die Entwicklung von Düsseldorf sieht, dann fällt auf, dass sich nur Positives tut und schlaue Leute mit Düsseldorf in die richtige Stadt investieren.
Christopher ist wohl eines der besten Beispiele für die offene Mentalität der Rheinländer, um die es schon in unserer letzten Lovestory ging. Wir fanden Christophers Leidenschaft für seine Heimatstadt ziemlich ansteckend und hoffen, dass es unseren Lesern ebenfalls so geht.