Über Quartiere und nachbarschaftliche Beziehungen
1990 hat Claudia Wußmann bei der Rheinwohnungsbau als Auszubildende angefangen. Sie war erst in der Finanzbuchhaltung tätig, arbeitete rund 20 Jahre in der Kundenbetreuung und Vermietung und hat seit 2018 die Stelle als Quartiersmanagerin inne.
Frau Wußmann, was ist genau die Aufgabe der Quartiersmanagerin?
Die eine Aufgabe gibt es eigentlich nicht, ich bin in ganz unterschiedlichen Bereichen aktiv. Das fängt bei der Analyse der Stärken und Schwächen von Wohnquartieren an, geht über die Entwicklung von Verbesserungsstrategien bis hin zur Gewinnung und Vernetzung von Partnern für die Quartiersarbeit. Alles führt letztendlich zu dem Ziel, Mehrwerte für Mieter zu schaffen.
Wo liegt in Zeiten der Digitalisierung die Herausforderung für eine Quartiersmanagerin?
Die Herausforderung liegt eigentlich darin, die digitale und die persönliche Welt in Einklang zu bringen. Denn gerade im Bereich Quartiersmanagement ist die persönliche Ansprache unerlässlich und lässt sich durch keine E-Mail wirkungsgleich ersetzen.
Auch das Vernetzen aller Akteure setzt persönliche Kontakte voraus. Die digitale Kommunikation ist natürlich wichtig – sie ist ein unverzichtbares Werkzeug bei der Terminabstimmung, Informationsweitergabe und schnellen Meinungsbildung.
Worin besteht Ihrer Meinung nach die größte Verantwortung einer Quartiersmanagerin?
Ich glaube, es ist ganz wichtig, machbare Ziele zu setzen. Es hat keinen Sinn, zu hohe Erwartungen zu wecken und diese dann womöglich zu enttäuschen. Man muss sich immer bewusst machen, dass Quartiersmanagement ein Marathon ist und kein Sprint – die Ziele entwickeln sich mit dem Prozess weiter.
Bernd Litges ist Leiter der Vermietungsabteilung und so natürlich in das Thema Quartiersmanagement involviert.
Herr Litges, hat sich die Beziehung zwischen Mieter und Vermieter verändert?
Ja, die zunehmende Individualisierung in der Gesellschaft spiegelt sich auch in der Beziehung beziehungsweise Kommunikation wider. Jeder macht sein Ding. Das Denken an die Gemeinschaft lässt immer weiter nach. Die Interessen des Einzelnen dominieren.
Wer sich nicht artikulieren kann, bleibt auf der Strecke. Durch die starke berufliche Einbindung der Bewohner wird der Vermieter auch zum Anbieter wohnbegleitender Dienstleistungen, zum Beispiel bei der Paketannahme oder bei Mobilitätsangeboten.
Welche Veränderungen haben ihre Ursache in der Digitalisierung?
Soziale Netzwerke schaffen keine persönlichen Kontakte, oft führen sie sogar zum Abbau derselben. Man kennt sich aus dem Netz, aber der persönliche Kontakt nach Feierabend wird immer weniger. Jeder ist busy, und das von früh bis spät.
Warum hat die Rheinwohnungsbau die Stelle der Quartiersmanagerin geschaffen?
Die Rheinwohnungsbau hat keine überforderten Nachbarschaften in anonymen Großwohnsiedlungen, wie man sie aus der Presse kennt. Das liegt daran, dass wir solche Großwohnquartiere nie gebaut haben und auf die Auswahl unserer Bewohner große Sorgfalt legen. Wir sehen aber auch die Entwicklungen in der Gesellschaft. In Zeiten der Individualisierung und Anonymisierung braucht es Anlässe, Menschen miteinander in Kontakt zu bringen.
Wer sich persönlich kennt, hat weniger Konflikte mit dem Nachbarn oder kann sie meist selbst lösen. Gemeinsame Interessen machen solidarisch.
Welches Ziel verfolgt die Rheinwohnungsbau?
Wir möchten Menschen vernetzen, indem wir Räume und Gelegenheiten zur Begegnung, zur Freizeitgestaltung oder zum gesellschaftlichen Engagement bieten. Die Interessen der Bewohner bestimmen den Prozess. Hier soll kein Standardprogramm für alle Häuser der Rheinwohnungsbau entwickelt werden. Jede Nachbarschaft hat andere Themen und Bedürfnisse. Partizipationsmodelle bei der Gestaltung des eigenen Wohnumfelds sind für Mieter und Vermieter von Vorteil.